„AH
Kuressaare! Es ist wirklich schön dort…“ hörten wir sehr häufig als Antwort,
wenn wir nach unserem nächsten Zielhafen gefragt wurden. Nur 25 sm von Möntu
entfernt und ebenfalls auf der Insel Saareema liegend, war Ahrensburg, so der
deutsche Name, in kurzer Zeit erreichbar. Erstmals mit Am-Wind- Kurs (Wind
kommt schräg von vorn) unterwegs, erlebten wir einen schönen Segeltag bei Sonne
und gutem Wind. Beim Erreichen der Ansteuerungstonne für den Hafen packte
Carsten der Übermut. Den wirklich schmalen Tonnenstrich wollte er, wegen des
passenden Windes, mit Genua (Vorsegel), statt wie üblich unter Motor
bewältigen. Keine tolle Idee fand ich, waren links und rechts der KETO
Landaufschüttungen, mit wild kreischenden, dort brütenden Möwenkolonien, gefühlt
zum Greifen nah. Aber wie immer in seglerischen Fragen setzte Carsten sich
durch und bekam Recht. Ohne Probleme, abgesehen vom Jollensegler der uns auf
unserer Spur entgegen kam und irgendwie unsere Nervenstärke testen wollte,
erreichten wir unter der Kulisse der Burg den Zielhafen. Und trafen dort, wie
erwartet, die „Aphrodite“ mit Olaf (gerade seinen Blog -Die Reise der
„Aphrodite“- schreibend) wieder. Schnell verabredeten wir einen letzten
gemeinsamen Abend in der Stadt und bummelten bis dahin mit Paule durch die
unmittelbare Umgebung. Saubere und durchdachte Sanitäranlagen, nahe
Einkaufsmöglichkeit, lustige Statuen, eine riesige Badebucht, Wiesen und Parks,
eine restaurierte Burganlage- für jeden war etwas dabei. Abends, ohne den an
der Leine ziehenden Paule unterwegs, genossen wir das wirklich hübsche
Städtchen, ein außergewöhnlich leckeres Essen sowie das ein oder andere Getränk
bei Loungemusik im „Chamäleon“. Dass mein Wunsch nach einem Radler erst mit einem
bestätigenden Nicken und dann mit einem großen Cappuccino beantwortet wurde,
störte dabei nicht im Geringsten. Nach Angabe des Mischungsverhältnisses und
der Bier- sowie Limosorte bekam ich diesen später doch noch. Nicht allzu spät
ging es, nach einem von Olaf
gesponserten „Absacker“, in die Kojen. Am nächsten Tag führte sein Weg weiter Richtung Norden, während wir,
geschuldet den „falschen“ Winden in
Richtung Süden, zwei Hafentage einschoben. Nachdem wir die gut hergerichtete
Burgaußenanlage schon bewundert hatten, ging es nun ins Innere. Für 8€ Eintritt
konnte man sich, mit Hilfe eines dreiseitigen Orientierungsplanes, frei bewegen
und das einen interessierende Museumsthema auswählen. Den Plan brauchte man
auch, so verwinkelt und verschachtelt war es. Burggeschichte, Naturkunde,
estnische Heimatgeschichte über mehrere Jahrhunderte bis in die Gegenwart,
Textilkunst, Fotoausstellung u.a.m. Sehenswert und lehrreich waren sie alle und
dank englischen Erklärungen auch verständlich.
Auch beim Besuch des Cafés im Burgturm gab es keinerlei
Verständigungsschwierigkeiten… Noch einmal erkundete ich die Innenstadt allein
(Kunsthandwerkerlädchen und Hinterhöfe) während Carsten Paule bespaßte und die
Windsteuerungsanlage umbaute und schon waren die zwei Tage verflogen. Nur mein Handy verstand das mit dem Urlaub und Abschalten irgendwie falsch und verabschiedete sich.
Enge Fahrrinne |
Ruhnu Hafen |
Sonntag
(9.6.) starteten wir 6.45 Uhr nach Ruhnu. Dies ist die südlichste estnische
Insel in der Rigaer Bucht und mit einer Ausdehnung von 5,5kmx 3,5km nicht eben
groß. Circa 3km vom Hafen entfernt gibt
es den einzigen Ort der Insel- Ringsu- mit 60 Einwohnern im Winter und 150 im
Sommer. Die Inselkirche zählt zu den ältesten Holzbauwerken Estlands und stammt
aus dem Jahr 1644. Das Freilichtmuseum dokumentiert die örtliche dörfliche
Lebensweise in früherer Zeit. Vor allem aber findet man eins hier- Ruhe und
Entspannung, den Duft von Kiefernwäldern in der Sonne und den des Tanges am
Strand, Möwengekreisch als einzige Lärmquelle- Idylle pur. Bevor wir dies aber
genießen konnten, hieß es erst mal die 42 sm hinter sich zu bringen. Gleich zu
Beginn beim Segel setzen wurde es aufregend- ein Schäkelbolzen am Großsegelbaum
hatte sich irgendwie oder –wann verabschiedet ohne Bescheid zu sagen. Carsten
musste einige Zeit nach Ersatz suchen, da so das Segel nicht zu setzen,
beziehungsweise nutzbar war, während ich krampfhaft bei kabbeliger Welle das
Boot im Wind halten musste. Trotz gut gefüllter Ersatzteilkiste passte nichts.
Eine Schraube fand sich dann als Provisorium und endlich ging es die
verbleibenden 39sm gut voran. Der freundliche Hafenmeister nahm die Leinen
entgegen und nach kurzer Einweisung in die örtlichen Gegebenheiten waren wir
allein. Naja, zu diesem Zeitpunkt lagen noch drei andere Boote im neugebauten
Hafen, aber bei eigentlich 40 vorhandenen Liegeplätzen fühlte man sich schon
so.
Das fand sicher auch die Möwe, die sich tatsächlich ein Stegende zum Brüten
ausgesucht hatte. Nicht zu ersten Mal trafen wir auf die „Phantasie“, ein
Charterboot, welches, mit festem Skipper aber abschnittsweise wechselnden
Gästen, die Ostsee umrundet. Und eben dieser nette Mann half uns echt aus der
Patsche und schenkte Carsten nach kurzem Gespräch einfach mal so den
notwendigen Schäkel! Wieder einmal erlebten wir die unbeschreibliche
Hilfsbereitschaft echter Segler… Am nächsten Tag bekam Paule nach ausgiebiger
Strand- und Baderunde zwei Stunden Schlaf verordnet. Wir schnappten uns zwei
der in ausreichender Menge herumstehenden Leihfahrräder und erkundeten die
Insel. Nur bis zum Ort gab es eine asphaltierte Straße, der Rest des
Wegesystems bestand aus Wald- oder Sandpfaden. Nicht so leicht bei Fahrrädern
ohne Vorderbremsen, nur mit Rücktritt. Dafür besaß jeder sein eigenes
Lenkerkörbchen- sehr praktisch zum Verstauen der Kleineinkäufe. Die
Sehenswürdigkeiten Ringsus waren schnell abgefahren (hochgradig aggressive
Mücken beschleunigten den Tritt!) und nach einem Abstecher zur Nordspitze der
Insel ging es zurück. Beim Hafenmeister bekam ich auf meine Nachfrage, ob im,
in unserer Karte eingezeichneten, militärischen Sperrgebiet am nächsten Tag
geschossen wird, nur Verständnislosigkeit und Witze zu hören. Er habe seit 13
Jahren nichts von solchen Aktivitäten bemerkt, wir sollten einfach fahren und er
würde uns genau beobachten. Bei einer Explosion wüsste er dann ja
Bescheid…Also, auf nach Riga!
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