Dienstag, 31. Juli 2018

Urlaub im Urlaub (3)- Rückfahrt


   Was soll jetzt noch kommen? Nur noch die ellenlange Rückfahrt und das war`s auch schon?! So sollte der Trip für uns nicht enden und so beschlossen wir, ihn als „Fotosafari“ zu gestalten und den Urlaubsgedanken nicht außer Acht zu lassen. Gelegenheiten boten sich viele. Die traumhafte Fahrt auf der Küstenstraße des Porsangenfjordes bei Morgensonne (ca. 160km!) wurde durch ständiges Halten und Staunen ein Erlebnis an sich. Auslaufende Fischkutter,  Lachsfarmen, schmale Straßen direkt am Wasser, Tunnel, rot- weiße Fischerhäuschen, das Watt und vor allem die Rentiere begeisterten uns fast 2,5 Stunden lang. Letztere sind wirklich ein Kapitel für sich. Einzeln oder gleich in Herden begegneten sie uns in Lappland zu hunderten- häufig auch direkt auf der Straße. Begrüßten wir unsere erst Sichtung noch mit Jubel und Freude, wurde ihr Anblick irgendwann „normal“. So wunderten wir uns bald nicht mehr, wenn sie früh bei Ebbe im Watt fraßen oder plötzlich vor uns auf der Straße als Gegenverkehr auftauchten, den Schritt kaum ändernd an uns vorbei trabten. Nicht ein totes Tier oder Unfall sahen wir, jeder Autofahrer ist sich der Gefahr bewusst und fährt dementsprechend aufmerksam, weicht so gut wie möglich aus- auch bei Tempo 100.
Lappland, als eine der letzten Wildnisse Europas,  zeigte sich uns von der schönsten Seite. Kilometerlange, einsame Fahrten durch unberührte Wälder, naturbelassene Seen und Flüsse, blühende Wiesen und Straßenränder bei strahlend blauem Himmel- hier war Autofahren kein Stress. Mit einer langen Badepause inklusive Grillen genossen wir  dies  Samstagabend zum letzten Mal und fuhren durch die taghelle Nacht durch bis nach Vaasa.

Urlaub im Urlaub (2) - (Kein) Besuch des Nordkaps


Um es vorwegzunehmen: ja, wir waren am nördlichsten Punkt Europas aber nein, wir waren nicht am Nordkap. Dies ist leichter zu verstehen, wenn man weiß, dass das Nordkap, d.h. der ca. 300m hohe Felsen mit dem bekannten Globusmonument ein als Touristenattraktion ausgebauter, mit dem Fahrzeug gut erreichbarer und für 32,-€ nicht eben preiswerter Ort im hohen Norden ist, aber eben nicht dessen nördlichster Landpunkt. Auf letzteren gelangt man nicht mit dem Reisebus oder Wohnmobil, sondern nur mit einem 10km langen Fußmarsch über pfadloses, steiniges, baum- und strauchloses graugrünes Ödland. Dafür ist man aber fast allein unterwegs, kann Rentiere, Wasserläufe und nordisch karge Natur auf sich wirken lassen und sich bewusst machen- wir haben unser Ziel gleich erreicht. Den Felsen des Nordkaps immer im Blick (selbst die blitzenden Scheiben der Reisebusse sind erkennbar), genießen wir bei sonnigen 12°C die Aussicht und den Moment, knipsen am Endpunkt die obligatorischen Fotos und leeren eine Flasche Cidre, bevor der Rückmarsch beginnt. Wie ein älterer Schweizer unterwegs bemerkte, ist nicht das Höhenprofil der Wanderung anstrengend, sondern das ständige auf den Boden blicken, das Laufen auf wegkippenden Steinen oder morastig  rutschigen Untergründen. Vor allem Paule kommt echt an seine Grenzen. Nach 6 Stunden erreichen wir geschafft und glücklich wieder das Auto. Kurz überlegen wir, ob der Besuch des Nordkaps nicht doch dazugehören sollte, aber spätestens beim Sichten des gerammelt vollen Parkplatzes mit Einfahrschranke wird uns klar: unser Erlebnis kann ein Foto mit Globus nie im Leben wettmachen.



Montag, 30. Juli 2018

Urlaub im Urlaub (1) - Der Weg ist das Ziel


Das Abenteuer beginnt vor der Haustür, d.h. eigentlich bei Europcar am Tresen. Zielsicher sprachen wir dort Montagnachmittag vor und wollten natürlich ein passendes  Auto gleich mitnehmen. Aber: „Oh, I´m so sorry…“- erst  am nächsten Tag um 9 sei wieder etwas verfügbar, sofort hätte er nur einen Ford Fiesta…Rund 2800 km mit Hund, Wander- und Campingsachen im Fiesta – keine Chance! Als wir Dienstag gegen 12.30 den Golf Variant (Kombi) gepackt und abfahrbereit im Segelclub Vaasa stehen hatten, war einer der 6 geplanten Tage schon halb vorbei. Das bedeutete Meter machen…Gar nicht so einfach bei 60 bis 100km/h Höchstgeschwindigkeit und einer einspurigen, fast jeden nennenswerten  Ort der Küste durchquerenden Autobahn. Mit dem Wissen um eine taghelle Nacht, war unser Ziel Tornio, dem  finnische Teil des schwedischen Städtchens Haparanda im Norden des Bottnischen Meerbusens, dessen Hafen ja unser früheres Ziel mit dem Boot war. Der dort aus Norden kommende gleichnamige Fluss bot laut Reiseführer einiges. So ist er einerseits Grenzfluss zu Schweden, andererseits aber auch einer der letzten freifließenden Lachsflüsse Europas mit malerischen Holzstegen von denen aus Lachsfischer ihr Glück versuchen. Am Abend erreichten wir das Torniotal (Stromschnellen von Kukkola) und stellten drei Dinge fest: 1. entspricht die Landschaft der Beschreibung, 2. war zum Glück keine Lachssaison- außer ein paar Touristen wirkte alles wie ausgestorben und 3. gibt es „ein paar“ Mücken. Die Suche nach einem geeigneten Platz  für unser Zelt gestaltete sich trotz „Jedermannsrecht“ schwierig. Nicht an der Straße, nicht in der Nähe von bewohntem Gebiet, evtl. am Wasser… alle interessanten Stellen scheiterten vorwiegend an einem Problem: den Mücken. Zu Hunderten überfielen einen die stechfreudigen Gesellen sobald man das Auto verließ. Mit den Armen wedelnd  und ausschlagend flüchteten wir wieder ins Auto und brachten die Hälfte davon mit hinein, gingen minutenlang auf Moskitojagd um dann einen anderen Zeltplatz zu suchen! Zwar

 


hatten wir von diesen Schwärmen im Sommer in Lappland gelesen, die Ausmaße überraschten uns aber doch ein wenig. Schlafen mussten wir aber irgendwo und so zogen wir bei schwülen Temperaturen lange Klamotten über, bauten unser Zelt in einer Wiese am Waldrand auf und verbrachten, hinter Mückennetzen geschützt, eine erste Nacht in Lappland. Das Frühstück verschiebend ging es früh weiter zum Felsenberg Aavasaksa, der zu den finnischen Nationallandschaften gehört und mit dem Ausblick auf das naturbelassene Flusstal, Schweden und Lappland (Qu.: Marco Polo) ein lohnenswertes Ausflugsziel war. Die Höhenluft schien den Mücken nicht so anzustehen, sodass auch  wir endlich mit einem ausgiebigen Frühstück den Tag beginnen konnten. Weiter ging die Fahrt in Richtung Rovaniemi (ca. 62000 Ew.), der Hauptstadt Lapplands, in deren Norden wir den Polarkreis überqueren wollten. Aber nicht nur wir! Nachdem 1950 hier ein Geschäftsmann das Büro des Weihnachtsmannes eröffnete, strömen jedes Jahr hunderttausende Menschen her. Bei permanenter Beschallung mit Weihnachtsmusik kann man im Holzdorf  Fotos mit dem W-mann machen , seinen Wunschzettel abgeben, Postkarten mit Sonderstempel verschicken, Souvenirs  kaufen… und noch viele andere „ tolle“ Dinge. Wir entschieden uns für ein einfaches, kostenloses Foto auf dem aufgemalten Polarkreis, stießen mit Rotwein auf die Überquerung an  und flüchteten vor dem Rummel und den 31° C ins klimatisierte, ruhige Auto. Am Nachmittag leisteten wir uns eine urige Campinghütte an einem See, badeten und genossen den Rest des Tages. Der Wetterbericht hatte nämlich für den Donnerstag Regen und Gewitter vorausgesagt- dieser Tag konnte ja dann zum Fahren genutzt werden. Genauso verfuhren wir. Keiner verspürte  unter diesen Bedingungen am Abend Lust zum Zeltaufbau und so fragten wir in Honningsvag im Vandrerhjem (JH), ca. 30 km vor dem Nordkap, nach einem Zimmer an und hatten Glück. Ausgeruht und stressfrei gestartet, stand unserer Wandertour zum Kap am Freitag nun nichts mehr im Wege…

Montag, 23. Juli 2018

Frühe Möwe fängt...

...den Törn gelassen an.Nach unserer Entscheidung in Bezug auf eine Verkürzung der Ostseerunde waren wir beide innerlich spürbar erleichtert. Die Insel Bergö war für zwei Tage unser nächstes Ziel und da sie nur 25 sm entfernt lag, konnten wir früh sogar ausschlafen. Plötzlich blies auch der lange vermisste Wind wieder und wir verlebten in Folge einen superschönen Segeltag unter strahlend blauem Himmel. Der Hafen erwies sich bei genauerer Betrachtung als ein in die Jahre gekommener Steg, den wir uns, längseits angelegt, mit der "Snowbird" (Per und Marlene, das finnische Ehepaar, welches wir in Merikava trafen und die uns mit viel Wissenswertem über Finnland versorgten),Dieters "Uschi" und einem finnischen Motorboot teilten. Erstaunlicherweise sprach auch dessen Besatzung ein wenig deutsch und so ergab bald ein Wort das Andere. Wieder genossen wir unsere Urlaubszeit- baden, angeln, ausgedehnte Ausflüge mit Paule durch den Wald (große Heidelbeeren, aber noch größere, stechfreudige Bremsen!) Ja, sogar unser Bord- Minifahrrad kam erstmalig zum Einsatz. Da das Dorf ca. 2,5 km entfernt lag und sich ewig lang hinzog, die Temperaturen aber weit über 25°C stiegen, war dies die Möglichkeit, ein wenig mehr von unserer Umgebung zu sehen und Frischwaren im Dorfladen (der gleichzeitig Postamt ist) nachzukaufen. Nur auf das obligatorische Eis musste Carsten verzichten- so schnell konnte ich wirklich nicht zum Boot zurückfahren! Übrigens probieren wir bei unseren Einkaufstouren immer mal wieder eine neue , einheimische Sorte aus... Lakritzgeschmack ist wirklich sehr, sehr gewöhnungsbedürftig! Und dabei mag Carsten an sich diese Süßigkeit.
Häufig wird der Steg wohl nicht benutzt...


Gestern früh stand dann für uns erstmal der letzte Ritt auf den Wellen an. Und der wurde es tatsächlich. Mit Windstärke 3 bis 4 aus der richtigen Richtung schoss die "KETO" mit z.T. 7 Knoten nur mit dem Vorsegel Richtung Vaasa.Dicke Wolken verdeckten die Sonne, viel kühlere Temperaturen als die letzten Tage und es regnete sogar ein wenig- es war völlig egal. Einen ganzen Streckenabschnitt segeln- das gab es bisher in unserem "Segelsommer" nicht häufig! Der Nachmittag stand im Zeichen der Vorbereitung des 2. Teiles der Tour. Am letzten, gemütlichen gemeinsamen Abend verabschiedeten wir uns von Dieter und Enkel, welche schon Montag ihre Reise in Richtung Schweden fortsetzen wollen. Wir allerdings werden für ca. 6 Tage das Boot verlassen, ein Auto mieten und zum nördlichsten Punkt des europäischen Festlandes unterwegs sein. Circa 1300km (eine Strecke) im Auto, schlafen im Zelt, völlig unbekannte und dünn besiedelte Landschaften: Lappland, wir kommen...
PS.: Der nächste Blogeintrag erscheint erst wieder danach! Aber dann...😉

Samstag, 21. Juli 2018

Zielanpassung


Alle Optionen werden probiert - Spisegeln
Schier endlos zieht sich die Reise in den Norden des Bottnischen Meerbusens dahin. Viele idyllische Ankerplätze und Naturhäfen lassen wir links liegen, da unsere Fahrt weiter gehen muss. So schön wie der Sonnenschein und die warmen Temperaturen auch sind, die spiegelglatte Ostsee,  verbunden mit dem fehlenden Wind,  scheint uns glatt einen Strich durch die Rechnung zu machen. Unser erklärtes Ziel war ja, den nördlichsten Hafen „Haparanda“ der Ostsee zu erreichen und von dort aus mit dem Mietauto zum Nordkap zu fahren, um dann an der Ostküste Schwedens zurück zu segeln. Schon in mehreren Unterhaltungen bemerkten finnische Gesprächspartner, dass unsere vermeintliche Ankunft im hohen Norden ein wenig spät im Jahr sei, da das Wetter dort zeitiger auf Herbstmodus umschlägt. Auch empfanden sie selbst die Strecke nördlich von Vasa eher als langweilig (O-Ton: „… nur Wasser, Steine und Nichts…“) oder unattraktiv. Wir mussten uns also fragen, was  uns wichtig ist. Sind wir bereit, auch weiterhin als „Motorboot“ eine so lange Strecke unter Zeitdruck zu absolvieren, nur um einen vorher gefassten Plan zu erfüllen? Zunehmend müssen wir dabei auch an unseren vierbeinigen Freund denken, der tagsüber bei karibischen Temperaturen an Deck einen Sonnenstich bekommt,

Segelzeit genießen...

um dann im Hafen eine für ihn zu kurze Runde an der Leine laufen zu können und zunehmend unausgelastet wirkt. Vorgestern, im Hafen von Merikavia/ Krookka (Kostenfrei, incl. aller Sanitäranlagen!) diskutierten wir wieder mit einem ausgesprochen netten und gesprächigen finnischen Ehepaar, deren Heimathafen noch 70 km nördlich von Vasa liegt. Nachdem auch sie alle unsere Bedenken bestätigten und die Ersatzidee als sinnvoller und gut durchführbar empfanden, waren wir uns einig- unsere Reise mit der KETO in Richtung Norden endet in Höhe der Stadt Vasa, die Tour zum Nordkap  wird mit dem Auto trotzdem absolviert, sie ist halt paar hundert Kilometer länger. Dies hat vielleicht noch den weiteren Vorteil, dass wir ein bisschen mehr von Land und Leuten kennenlernen und andere Eindrücke als die Ostseeküste erhalten. Ganz mit uns im Reinen genossen wir noch den wunderschönen Abend, gingen im Hafenrestaurant  gemeinsam mit Dieter und seinem  Enkel lecker essen, erkundeten mit Paule in einer etwas ausgiebigeren Runde die Gegend und freuten uns über einen erfolgreichen Drohneneinsatz. Wieder ging es erst gegen Mitternacht in die Kojen…

Mittwoch, 18. Juli 2018

Abwechslung tut gut (2)


Unser nächstes Ziel sollte ein Kontrastprogramm zum gediegenen Rauma werden. Im Hafenhandbuch suchte ich mir deshalb einen Naturhafen namens Kaunissari aus, der nur rund 15 sm entfernt lag. Wieder kaum Wind, nur eine kurze Zeit zog Carsten das Vorsegel als Motorunterstützung hoch. Inseln und Steine säumten den Weg, den man vorsichtshalber  auf offiziellen, in der Seekarte ersichtlichen Routen abfährt, obwohl die weiten Wasserflächen dazwischen die Möglichkeit einer Abkürzung suggerieren. Nicht alle Steine sind aber sichtbar oder in der Karte vermerkt und so könnte der Versuch einer vermeintlichen Zeiteinsparung schlimme Folgen haben. Am Ziel angekommen finden wir einen Steg am bewaldeten Ufer der Insel vor, welcher mit fünf Mooringtonnen umgeben ist. An ihm sind schon zwei Motorboote befestigt und die dazugehörigen finnischen Familien nutzen die Feuerstelle am Ufer und grillen. Sofort springt ein Mann auf und hilft beim Anlegen, was mit einem  „Anleger“ in Form eines Gläschens Whisky belohnt wird und auch die Herzen des Restes der Familie aufschließt. Was für ein perfektes Stückchen Erde: der am Strand liegende Feuer- und Grillplatz (Roste liegen dabei) wird vervollständigt durch einen mit geschlagenen Holzscheiten randvollen Holzschuppen (zur freien Nutzung!), einem Kompost- Toilettenhäuschen im Wald (incl. Papier) und sichtbaren Pfaden durch den Wald in verschiedenen Richtungen. Letzteres klingt banal, wer aber mit seinem Hund auf einer bewaldeten Schäre „Gassi“ gehen will und nur undurchdringlichen Urwald vorfindet, weiß dies durchaus zu schätzen. Nebenbei bemerkt  kosten dieser gepflegte Steg und seine Anlagen uns nichts! Eine Situation, welche zu Hause, glaube ich, undenkbar wäre. Nachdem die finnischen Gäste den Ort in Richtung Sommerhaus verließen, nahmen wir den Steg für zwei Tage allein in Beschlag, nur kurzzeitig unterbrochen durch Badegäste, die nach einer Stunde wieder  fuhren. Baden, Angeln (ohne Erfolg), Inselerkundungen, Lesen oder einfach nichts tun- Urlaub pur. Den Abend dann noch mit über dem Feuer gegrillter Hähnchenbrust auf Couscous mit gemischtem Salat (nein, wir leben nicht aus der Dose!😛), einem Schluck Rotwein dazu und dem Beobachten der erstaunlichen Farbspiele der Abendsonne ausklingen lassen… manchmal möchte ich Momente konservieren!