Mittwoch, 31. Juli 2019

St. Petersburg (2) (13.-17.7.)


Peterhof
Wohin fährt der Trolleybus Nr.7? Wie gelangt man ohne lange Wartezeit in die Eremitage? Solche und viele weitere Problemchen löst man heutzutage mit Hilfe des Internets. Was aber tun, wenn einem keins zur Verfügung steht? Mit ihrer Erfahrung aus Kaliningrad und den Sprachkenntnissen der Besatzung der „Element“ war der Kauf einer russischen SIM- Karte völlig problemlos und preiswert und damit stand mir die große weite Welt wieder offen. Leider bestätigte sich recht bald, dass Petersburg nicht gerade hundefreundlich ist. Maulkorbpflicht im Bus, Hundeverbot in Parkanlagen , an vielen historischen Orten (Peter- Pauls-Festung z.B.) und in Gaststätten generell. So ließen wir Paule aller zwei Tage im Boot, was er uns zum Glück nach dem ersten stressigen gemeinsamen Tagesausflug nicht übelnahm. Schlenderten wir am ersten Tag relativ ziellos am Ufer der Newa entlang und bewunderten Ausblick und die ersten Sehenswürdigkeiten im Vorbeigehen (Peter- und Paulsfestung, Newski- Prospekt, Kasaner Kathedrale, „Haus des Buches“, farbenprächtige Auferstehungskirche…), nutzten wir den zweiten dann, um in der Unterwelt Petersburgs (Metro) zu verschwinden und die schönsten U-Bahnstationen abzufahren und zu bestaunen. Züge, die im Lichte von Kronleuchtern einfuhren, Puschkin-Denkmal mit frischen Blumen, Marmor, Glas, Mosaiken und Reliefs ließen uns an eine Palasttour unter der Erde glauben.



Auf dem Palastplatz mit der Alexandersäule in der Mitte (600t, 47,5m hoch, zur Erinnerung an den russischen Sieg über Napoleons Armee) und dem grün- weiß- goldenen Winterpalast (Eremitage, 1500 Räume), dem wohlbeliebtesten und bekanntesten Ort Petersburgs, genossen wir Straßenmusik und „guckten Leute“.


Essen gingen wir, wie viele Russen, nicht in touristische Restaurants, sondern in Stolowajas (Esszimmer). In unterschiedlichen Ausführungen über die ganze Stadt verteilt, hatten sie eines gemeinsam: reichliches, preiswertes Essen ohne Speisekartenstress- man stellt sich einfach in einer Schlange an und zeigt mit dem Finger auf die, in verglasten Theken sichtbaren Speisen, sammelt sie auf dem Tablett und bezahlt am Ende an der Kasse. (Salat/Suppe, Hauptgericht, Dessert, Getränk zusammen zwischen 3,50€- 6€!) Am Panzerkreuzer „Aurora“, der 1917 den Startschuss zum Sturm der Arbeiter und Matrosen auf das Winterpallais und damit den Beginn der Oktoberrevolution gab, trafen wir Lenin, Zar Peter der Erste war gefühlt überall in der Stadt zu sehen.


Die Russen empfanden wir als eher zurückhaltend aber freundlich und, in für uns schwierigen Situationen, sehr hilfsbereit. Das Handy ist über alle Altersklassen hinweg auch hier das wichtigste „Kleidungsstück“. Schon bei unserer Ankunft hatten wir die „Raketenboote“ auf der Newa bestaunt, nun wollten wir sie selbst ausprobieren. Zum Peterhof vor die Tore der Stadt fuhren sie, ab der Innenstadt, aller 30 Minuten. Kaum saßen wir und hatten einige Fotos geknipst, schon waren wir gefühlt am Ziel (in Wirklichkeit 40 Minuten!). Man landet direkt am Ende des ca. 400m langen Kanals des Palastes zur Ostsee. Hier trafen wir auch Armgard und Swen- Olaf und kamen mit jedem Schritt  dem weltgrößten Wassersystem von Fontänen und Kaskaden der prächtigen Sommerresidenz der russischen Zaren des 18./19. Jh. näher.


Obwohl die Anlage erst anderthalb Stunden geöffnet war, bewegten wir uns nicht als Einzige in diese Richtung. Das „russische Versailles“, als Muster der Barockarchitektur, zählt als meistbesuchte Sehenswürdigkeit ganz Russlands! Goldene Statuen, flirrendes Wasse, das Grün der Parkanlagen- man konnte sich nicht satt sehen. Nach einem Bummel durch den unteren Park mit weiteren kleinen Palästen, Brunnen und variantenreicher Gartenarchitektur, überredeten wir die Männer nach einem kurzen Imbiss auch noch zum Besuch der oberen Gärten (nochmals 15ha!). Wurde er unter Peter dem 1. noch als Gemüsegarten genutzt und die Teiche dienten der Fischzucht, verwandelte er sich in der 2. Hälfte des 18. Jh. in ein weiteres prächtiges Beispiel der Gartenbaukunst (Lindenalleen, Lauben, Rosengarten, Teiche, Brunnen, Skulpturen).


Hier zeigten sich dann aber bald bei uns allen deutliche Ermüdungserscheinungen und so wählten wir für den Rückweg das vor den Toren abfahrende Linientaxi (Kleinbus für ca. 20 Leute). Schon vor Beginn unserer Reise stand, im Falle eines  Erreichens Petersburgs, ein Besuch der Eremitage auf der Wunschliste. Carsten konnte dem nicht so viel abgewinnen und blieb mit Paule auf dem Boot. So versuchten wir zu dritt, ausgestattet mit den verschiedensten Tipps und Hinweisen aus dem Internet, den schnellsten Weg hinein (die kürzeste Schlange) zu finden. Eine Reihe für Busgruppen, eine für vorgebuchte Karten aus dem Netz, eine für Führungen, eine für… gerade begann ich mich seelisch und moralisch auf mindestens 2 Stunden Wartezeit einzurichten, als wir in einer Ecke zwei kaum beachtete Ticketautomaten fanden. Auf direktem Wege gelangten wir so zu Eintrittskarten und konnten damit tatsächlich, an jeder der unzähligen Reihen vorbei, die heiligen Hallen der Kunstsammlung betreten. Jährlich sollen über 3 Mio. Besucher das von Katharina der Großen erschaffene Museum besuchen, welches aus 5 Gebäuden mit ca. 3 Millionen Exponaten besteht. Von „ermitage“ (franz. für „Ort der Einsamkeit“) waren wir also weit entfernt… Da es unmöglich ist, sich alle Ausstellungsstücke anzusehen, konzentrierten Armgard und ich uns zuerst auf den Teil „Palasteinrichtung“. Welche Pracht und Vielfalt in der Gestaltung der Räume! Keiner glich nur annähernd einem anderen. Schon in diesem Teil kam man (auch dank Audioguide) kaum voran, so vielfältig waren die Exponate. Viele holländische, italienische, französische…alte Meister später landeten wir noch in der Antike und im Alten Ägypten und verließen nach ca. 3 Stunden voller Eindrücke das Museum. Die Schlangen davor waren eher länger geworden.

Eingangshalle mit großer Treppe

Das wäre mein Lieblingsraum!

Noch viele Tage hätten wir in dieser tollen Stadt verbringen können, haben längst nicht alles Sehenswerte gesehen. Aber so hat man wenigstens einen Grund, noch einmal wieder zu kommen… Doswidanja St. Petersburg!