Donnerstag, 25. Juli 2019

Sankt Petersburg (1) - (11.7./12.7.)


St. Petersburg- Russland. Seit zwei Jahren träumte Carsten davon, hier mit der KETO in den Hafen einzulaufen. Und nicht mal ich glaubte ernsthaft an einen Erfolg dieser Mission. Viel zu weit weg, viel zu lange Schläge (Paule!), zu viele unbekannte Bedingungen, zu umständlich, zu kompliziert. Warum sich dem aussetzen, wenn man doch per Flugzeug (ab Dresden) oder Fähre schneller und bequemer zum Ziel kommt? Noch zu Beginn des 2. Abschnittes der Ostseerunde war die Option bis Helsinki zu segeln und von dort mit der Fähre in die Stadt und zurück zu fahren für mich die weitaus realistischere Variante. Nun läuft aber dieses Jahr alles ein wenig anders: der Wind meint es von Beginn an gut mit uns, da es im Baltikum nicht so viele Häfen gibt, wie in Schweden sind die Törns fast immer länger und wir kommen damit einfach schneller voran. Auch die Begegnung und Gespräche mit Armgard und Swen- Olaf, die mit dem gleichen Ziel unterwegs sind, und die dadurch neu gewonnenen Informationen gaben mir zunehmend Sicherheit und holten die Reise der KETO nach St. Petersburg aus dem Reich der Träume.
Und nun liefen wir in den zentralen Yachthafen am Ufer einer der Newa-Inseln ein. Hochhauswände säumten steuerbords die Ufer bis hierher, links bestimmten Gazprom- Turm und – Stadion die Silhouette der Stadt. Die Fahrrinne der Meteorboote  (Schnellfähren, 60 km/h!) meidend, die Autobahnbrücke angstfrei unterfahrend (25m!), kamen wir uns bald vor, wie zu Besuch in einer anderen Welt. Dies bestätigte sich dann auch tatsächlich beim Versuch, uns beim Hafenmeister anzumelden. Die Wächter am Ende der Stege, die wir nach dem Weg fragten, verwiesen Swen und mich immer weiter entlang des Hafenbeckens, bis sich ein 3-stöckiges Gebäude auftat, welches schon bessere Zeiten gesehen hatte (80er Jahre?!). Mehrmaliges Nachfragen, ein Pförtner und ein Formular später landeten wir im 2. Stock auf der Couch vor dem richtigen Büro und wurden 5 Minuten vertröstet. Endlich erschien ein kompetent auftretender Mann, zückte resolut sein Handy mit Übersetzungs-App - und verstand doch nichts von dem, was wir versuchten ihm zu erklären. Zwei ausländische Boote ohne Anmeldung, die auf keiner Liste zu finden waren, sogar schon in seinem Hafen festgemacht hatten und 6 Nächte bleiben wollen- das überstieg scheinbar sein Vorstellungs- und Organisationsvermögen. Erst Swen- Olafs gute Idee, mit Stift, Papier und einigen russischen Worten unser Anliegen zu verdeutlichen trug Früchte. Viele A4- Blätter später hatte er die Pächter der Boxen, in denen wir lagen, herausgefunden und versuchte sie telefonisch zu erreichen, um zu erfragen, ob wir dort bleiben könnten. Ergebnis: Die „Element“ durfte, wir mussten ein paar Meter weiter auf die andere Seite des Steges wechseln. Umgerechnet 22,50 € kostete eine Nacht, dies schien uns in diesem Moment nicht zu viel. Vertragsformulare ausfüllen, ins Nachbarbüro gehen (Buchhaltung) und bezahlen, zum Pförtner gehen, Formular ausfüllen, Schlüssel für Sanitäranlagen dafür empfangen- fertig. Noch nicht ganz! Ein Begleiter wurde telefonisch herangerufen, der unser Boxenwechselmanöver unterstützen und kontrollieren sollte, da der eigentliche Inhaber schon „unterwegs“ sei… Box 4 am Steg 9 blieb übrigens bis zu unserer Abreise 7 Tage später leer…! Carsten und Armgard vermuteten zwischenzeitlich schon, dass wir Kaffee trinken gegangen sind, solange dauerte dieser eigentlich so einfache und sonst in 5 Minuten ablaufende Akt! In den nächsten Tagen stellte sich heraus, dass nicht nur Organisation und Gebäude, sondern die gesamte Anlage des Hafens einer Weltstadt wie St. Petersburg unwürdig war. Mit hohem personellen Aufwand bewacht, dabei aber ungepflegt und dringend sanierungsbedürftig. Dabei tummelten sich im Hafen die „Reichen und Schönen“, lagen millionenschwere Boote vor Ort und wurden deren Besitzer z.T. mit dem Hubschrauber eingeflogen- ein Wiederspruch, den wir uns nicht erklären konnten. Ein russischer Stegnachbar erklärte uns auf eine diesbezügliche Frage, das sei „russische Realität“. Das sollten wir noch häufiger zu hören bekommen…
An der Spitze der Insel liegt unser Hafen...

Hafenmeistergebäude


Wir haben es geschafft!

Auf die Frage nach dem nächsten Haltepunkt eines öffentlichen Verkehrsmittels wurden wir auf ein Taxi verwiesen, die Telefonnummer gab’s gleich inklusive. Da sich aber unweit des Hafengeländes eine Bushaltestelle befand und aus unserer Erfahrung Bus fahren sehr preiswert ist (Kaliningrad, 0,50€ pro Fahrt), erkundeten wir in Folge das Zentrum mit diesem Verkehrsmittel. Außerdem durfte Paule sowieso nicht mit in die Metro (nur in einer verschlossenen Box lautet die Regel! Wer auch immer die dann trägt…?), sodass uns mit ihm nichts anderes übrig blieb. Wo aber anfangen in der „Kulturhauptstadt Russlands“? Mit ihren über 2300 Prunkbauten, Palästen und Schlössern seit 1991 Weltkulturerbe (UNESCO), den vielen sehenswerten Plätzen auch außerhalb der Stadtgrenze und mit ihrer bedeutenden Historie (Zar Peter der 1.und folgende, Oktoberrevolution, Leningrad…), wurde uns die Entscheidung nicht gerade leicht gemacht. Und so liefen wir den ersten Tag vor Ort bei trübem Wetter einfach durch die Straßen und versuchten einen ersten Eindruck zu erhaschen
Ausblick vom Steg: Gazpromstadion und - turm