Montag, 28. Mai 2018

Endspurt

Natürlich ist in Bezug auf unser Boot nie "alles geklärt". Beim letzten Bauaufenthalt Carstens in der Woche nach Pfingsten, der letzten Möglichkeit vor Abfahrt Reparatur - und Sanierungsarbeiten auszuführen, ging die Arbeit wie gewohnt nicht so voran, wie wir uns das vorgestellt hatten. Der veränderte Reelingdraht am Bug war zu lang, aber nur mit professioneller Hilfe zu kürzen. Ein Elektriker musste ein stärkeres Batterieladegerät anschließen. Klemmklampen mussten verändert werden, die Badeleiter sollte schmaler sein, damit die Windsteueranlage funktioniert, die Toilette war anzuschließen ...uvm. Vier arbeitsreiche Tage, ohne sich die Zeit fürs Essen zu nehmen, brachten Carsten an körperliche Grenzen. Dazu kam ein Darminfekt Paules. In den sowieso schon kurzen Nächten 3x einen 25kg schweren Hund ca. 4m eine angestellte Leiter auf der Schulter hoch und runter zu tragen ist nicht wirklich erholsam! 
Da ich natürlich in dieser Zeit in der Schule arbeiten musste, war die einzig mögliche Entlastung meinerseits die Planung und Organisation unseres Abschlussfestes. Zum Glück bekam ich Hilfsangebote von allen Seiten, ob es die Ausstattung mit Sitzgelegenheiten, Geschirr, die Übernahme der Funktion des Grillmeisters oder Buffetbeiträge betraf. Selbst der Wetterverantwortliche spielte 100% mit und bescherte uns, nach kurzen Schreckminuten am Nachmittag, einen warmen, lustigen und entspannten Abend. Vielen, vielen Dank an Carstens Eltern, Freunde und Nachbarn für die lieben Worte und Wünsche und auch für die vielen spaßigen und praktischen Einfälle für "Notfallutensilien". Wir werden ihre Verwendung dokumentieren ...

Mittwoch, 23. Mai 2018

Der Teufel liegt im Detail

Alles schien klar vor uns zu liegen: da ich von Juli 2018 bis August 2019, also ein Schuljahr, nicht arbeiten werde, müssen wir einfach die geplante Ostseerunde in zwei Teilen absolvieren. Im ersten Abschnitt (2018) wollen wir die Ostküste Schwedens, die Alandinseln und Finnland abfahren,ab Mitte April 2019 soll es weiter über Russland, das Baltikum, Kaliningrad (Geburtsort meines Vaters) und Polen nach Hause zurück gehen. Als Carsten feststellte, dass in Helsinki im April 5°C Durchschnittstemperatur zu erwarten sind, kamen uns doch ernsthafte Bedenken ob der Sinnhaftigkeit dieses Planes. Wie sollten wir ohne Landes- und Sprachkenntnisse einen Winterliegeplatz finden? Wer bestellt den Eisbrecher für April 😉? Und vor allem: Wie erkläre ich meinem Schulleiter den zwangsläufig verspäteten Arbeitsbeginn 2019? Ein neuer Plan musste her...
Parallel zu diesen theoretischen Überlegungen stand der "unfertige" Zustand der "KETO" als Dauerbaustelle im Raum. Carsten befand, dass ein kardanisch aufhängbarer Herd auch als solcher funktionieren sollte- das tat er aber nicht.Außerdem fehlte gut nutzbarer Stauraum in der Küche. Als Konsequenz riss er die gesamte Küchenzeile aus dem Boot, um sie sinnvoll verändert und seitenverkehrt wieder einzubauen. Das erwies sich als langwieriges Unterfangen...Ein Fäkalientank musste her, um den strengen schwedischen Vorschriften und unserem Umweltbewusstsein zu genügen. Die Polster (Sitz- und Schlafunterlagen) waren gefühlt 30 Jahre alt und ähnlich lange nicht gereinigt worden. Eine Windsteueranlage sollte die Technik des Bootes ergänzen, hatte aber im Moment keinen Platz am Heck. Und, und, und ... Seitenlange Exellisten mit Bauvorhaben, Materiallisten und Werkzeugzusammenstellungen wurden Carstens Alltag. Mehrtägige "Bauurlaube" in 500 km Entfernung seine "Lieblingsbeschäftigung".
Doch dabei blieb die Frage lange ungeklärt, auf welchem Wege wir unser Ziel einer vollständigen Ostseerunde erreichen können.Schlussendlich einigten wir uns nach langen Diskussionen auf den aktuellen Plan ⇨ die zwei halben Runden bleiben, aber vor dem Winter kommen wir nach Hause zurück und segeln die 2. Hälfte in entgegengesetzter Richtung, d.h. über Polen nach Russland. Dies ist nur möglich, wenn Carsten vorsegelt und auch eventuell 2019 die letzte Strecke alleine zurücksegelt und ich diese Abschnitte mit dem Flugzeug bewältige. 
Eigentlich ist jetzt alles geklärt ... 

Dienstag, 22. Mai 2018

Die Geburt einer Idee

Drei Wochen Segelurlaub in den Sommerferien sind einfach zu wenig Zeit!
Schon im dritten Jahr hatten wir das Gefühl, in fast jedem stressfrei erreichbaren Hafen mindestens einmal gewesen zu sein. Auch wenn sich zum Glück Paule, unser Labradorrüde, als seetauglicher Hund bewies, war und ist unser Tagesrhythmus immer klar: früh kann es nicht losgehen ohne Gassigehen und nach spätestens 11 Stunden braucht er auch wieder Land unter den Pfoten. Das schränkt die Länge der Tagesetappen ebenso ein wie den Radius einer Reise. 
Carsten träumte immer häufiger laut von "Atlantiküberquerung" als großem Lebensziel und fing an Bücher, Videos und Blogs zum Thema Langzeitsegeln zu lesen. Am Ende stand aber fest: mit Paule geht so etwas nicht, vielleicht später einmal. Für mich ist diese Richtung allerdings sowieso nicht realistisch. Die Vorstellung 4 Wochen auf offenem Meer ohne Landkontakt, zu zweit auf einem kleinen Boot zu verbringen ist unvereinbar mit meiner ehrlich gesagt überschaubaren Begeisterung fürs Segeln. Noch immer finde ich die Urlaube unter Segeln toll- aber das wars dann auch. Für Atlantiküberquerungen gibt es Flugzeuge! 😋
Irgendwann las Carsten dann das erste Mal etwas von der "Ostseerunde" und sichtete gefühlt alles, was es dazu zu lesen gab. Vor allem Wilfried Erdmann hatte es ihm angetan. Aber auch dieses Ziel war in  meinen Sommerferien einfach nicht erreichbar. Die Idee an sich gefiel mir aber wirklich gut: küstennah, immer einen Hafen oder Ankerplatz in erreichbarer Nähe, Regionen bereisen, wie das Baltikum, Finnland oder Russland, die sonst für mich unentdeckt bleiben würden...
Nachdem mein Arbeitgeber deutlich machte, dass 6 Monate unbezahlter Urlaub, in der unter unseren klimatischen Bedingungen sinnvollen Segelzeit von Mai bis Oktober, nicht denkbar sind (Lehrermangel), brachte mich genau die selbe Mitarbeiterin auf eine Idee: "Warum nehmen sie denn kein Sabbatjahr? Das ginge durchaus!" Bald hatte ich den Vertrag unterschrieben und unser Langzeitprojekt stand: Wir wollen die Ostsee umsegeln ...

Montag, 21. Mai 2018

Wie alles begann

Am 1. September 2013 erfüllte sich Carsten mit dem Kauf der "Victoria", einer Bavaria 890, Baujahr 1981, einen Traum. Nie hätte er es sich, als aktiver Jollensegler seit Jugendtagen, vorstellen können, irgendwann auf eine (altersgerechte) Yacht umzusteigen oder sie gar zu besitzen. Urlaube in Schweden ließen in ihm diesen Wunsch reifen und schnell umsetzen. Vielleicht ein wenig zu schnell, weil Vorkenntnisse fehlten, um den Zustand eines Bootes realistisch einschätzen zu können. So erwieß sich der Kauf weder als "göttlich" noch als "siegreich": von Anfang an zeigte sich die Yacht als sprichwörtliches "Fass ohne Boden". In vier Jahren investierte Carsten hunderte Stunden Arbeitszeit, Geld und Nerven in die Bearbeitung altersbedingter und über lange Zeit scheinbar ignorierter Schäden. Die Beseitigung des gefährlichen Zustandes von Elektrik und Gasanlage, der undichten Fenster und der Küchenumbau waren nur einige seiner "Projekte". Schnell wurde der Name des Bootes unseren Vorstellungen angepasst: "KETO" (Meeresungeheuer der griech. Mythologie, auch Fisch oder kleiner Wal) schien uns eine passendere Beschreibung zu sein. (Außerdem ist es beim Funken schneller zu buchstabieren... 😉)



 
Trotz aller Schwierigkeiten gelang es ihm, mich als Landratte und Nichtwassersportler für Urlaube auf und mit der Yacht zu interessieren und (später!) auch zu begeistern. Ob Bornholm oder Hanö, Mön oder Kopenhagen, Hiddensee oder Helsingör- immer verlebte ich abwechslungsreiche, z.T. aufregende aber vor allem erholsame Urlaubstage beim Fahrtensegeln. Und so hätte es für mich durchaus immer weitergehen können ...