Mittwoch, 12. Juni 2019

Inselfreuden ( 7.6.-10.6.)


„AH Kuressaare! Es ist wirklich schön dort…“ hörten wir sehr häufig als Antwort, wenn wir nach unserem nächsten Zielhafen gefragt wurden. Nur 25 sm von Möntu entfernt und ebenfalls auf der Insel Saareema liegend, war Ahrensburg, so der deutsche Name, in kurzer Zeit erreichbar. Erstmals mit Am-Wind- Kurs (Wind kommt schräg von vorn) unterwegs, erlebten wir einen schönen Segeltag bei Sonne und gutem Wind. Beim Erreichen der Ansteuerungstonne für den Hafen packte Carsten der Übermut. Den wirklich schmalen Tonnenstrich wollte er, wegen des passenden Windes, mit Genua (Vorsegel), statt wie üblich unter Motor bewältigen. Keine tolle Idee fand ich, waren links und rechts der KETO Landaufschüttungen, mit wild kreischenden, dort brütenden Möwenkolonien, gefühlt zum Greifen nah. Aber wie immer in seglerischen Fragen setzte Carsten sich durch und bekam Recht. Ohne Probleme, abgesehen vom Jollensegler der uns auf unserer Spur entgegen kam und irgendwie unsere Nervenstärke testen wollte, erreichten wir unter der Kulisse der Burg den Zielhafen. Und trafen dort, wie erwartet, die „Aphrodite“ mit Olaf (gerade seinen Blog -Die Reise der „Aphrodite“- schreibend) wieder. Schnell verabredeten wir einen letzten gemeinsamen Abend in der Stadt und bummelten bis dahin mit Paule durch die unmittelbare Umgebung. Saubere und durchdachte Sanitäranlagen, nahe Einkaufsmöglichkeit, lustige Statuen, eine riesige Badebucht, Wiesen und Parks, eine restaurierte Burganlage- für jeden war etwas dabei. Abends, ohne den an der Leine ziehenden Paule unterwegs, genossen wir das wirklich hübsche Städtchen, ein außergewöhnlich leckeres Essen sowie das ein oder andere Getränk bei Loungemusik im „Chamäleon“. Dass mein Wunsch nach einem Radler erst mit einem bestätigenden Nicken und dann mit einem großen Cappuccino beantwortet wurde, störte dabei nicht im Geringsten. Nach Angabe des Mischungsverhältnisses und der Bier- sowie Limosorte bekam ich diesen später doch noch. Nicht allzu spät ging es,  nach einem von Olaf gesponserten „Absacker“, in die Kojen. Am nächsten Tag führte sein Weg  weiter Richtung Norden, während wir, geschuldet den „falschen“  Winden in Richtung Süden, zwei Hafentage einschoben. Nachdem wir die gut hergerichtete Burgaußenanlage schon bewundert hatten, ging es nun ins Innere. Für 8€ Eintritt konnte man sich, mit Hilfe eines dreiseitigen Orientierungsplanes, frei bewegen und das einen interessierende Museumsthema auswählen. Den Plan brauchte man auch, so verwinkelt und verschachtelt war es. Burggeschichte, Naturkunde, estnische Heimatgeschichte über mehrere Jahrhunderte bis in die Gegenwart, Textilkunst, Fotoausstellung u.a.m. Sehenswert und lehrreich waren sie alle und dank englischen Erklärungen auch verständlich.  Auch beim Besuch des Cafés im Burgturm gab es keinerlei Verständigungsschwierigkeiten… Noch einmal erkundete ich die Innenstadt allein (Kunsthandwerkerlädchen und Hinterhöfe) während Carsten Paule bespaßte und die Windsteuerungsanlage umbaute und schon waren die zwei Tage verflogen. Nur mein Handy verstand das mit dem Urlaub und Abschalten irgendwie falsch und verabschiedete sich. 
Enge Fahrrinne
Ruhnu Hafen
Sonntag (9.6.) starteten wir 6.45 Uhr nach Ruhnu. Dies ist die südlichste estnische Insel in der Rigaer Bucht und mit einer Ausdehnung von 5,5kmx 3,5km nicht eben groß. Circa  3km vom Hafen entfernt gibt es den einzigen Ort der Insel- Ringsu- mit 60 Einwohnern im Winter und 150 im Sommer. Die Inselkirche zählt zu den ältesten Holzbauwerken Estlands und stammt aus dem Jahr 1644. Das Freilichtmuseum dokumentiert die örtliche dörfliche Lebensweise in früherer Zeit. Vor allem aber findet man eins hier- Ruhe und Entspannung, den Duft von Kiefernwäldern in der Sonne und den des Tanges am Strand, Möwengekreisch als einzige Lärmquelle- Idylle pur. Bevor wir dies aber genießen konnten, hieß es erst mal die 42 sm hinter sich zu bringen. Gleich zu Beginn beim Segel setzen wurde es aufregend- ein Schäkelbolzen am Großsegelbaum hatte sich irgendwie oder –wann verabschiedet ohne Bescheid zu sagen. Carsten musste einige Zeit nach Ersatz suchen, da so das Segel nicht zu setzen, beziehungsweise nutzbar war, während ich krampfhaft bei kabbeliger Welle das Boot im Wind halten musste. Trotz gut gefüllter Ersatzteilkiste passte nichts. Eine Schraube fand sich dann als Provisorium und endlich ging es die verbleibenden 39sm gut voran. Der freundliche Hafenmeister nahm die Leinen entgegen und nach kurzer Einweisung in die örtlichen Gegebenheiten waren wir allein. Naja, zu diesem Zeitpunkt lagen noch drei andere Boote im neugebauten Hafen, aber bei eigentlich 40 vorhandenen Liegeplätzen fühlte man sich schon so. 
Das fand sicher auch die Möwe, die sich tatsächlich ein Stegende zum Brüten ausgesucht hatte. Nicht zu ersten Mal trafen wir auf die „Phantasie“, ein Charterboot, welches, mit festem Skipper aber abschnittsweise wechselnden Gästen, die Ostsee umrundet. Und eben dieser nette Mann half uns echt aus der Patsche und schenkte Carsten nach kurzem Gespräch einfach mal so den notwendigen Schäkel! Wieder einmal erlebten wir die unbeschreibliche Hilfsbereitschaft echter Segler… Am nächsten Tag bekam Paule nach ausgiebiger Strand- und Baderunde zwei Stunden Schlaf verordnet. Wir schnappten uns zwei der in ausreichender Menge herumstehenden Leihfahrräder und erkundeten die Insel. Nur bis zum Ort gab es eine asphaltierte Straße, der Rest des Wegesystems bestand aus Wald- oder Sandpfaden. Nicht so leicht bei Fahrrädern ohne Vorderbremsen, nur mit Rücktritt. Dafür besaß jeder sein eigenes Lenkerkörbchen- sehr praktisch zum Verstauen der Kleineinkäufe. Die Sehenswürdigkeiten Ringsus waren schnell abgefahren (hochgradig aggressive Mücken beschleunigten den Tritt!) und nach einem Abstecher zur Nordspitze der Insel ging es zurück. Beim Hafenmeister bekam ich auf meine Nachfrage, ob im, in unserer Karte eingezeichneten, militärischen Sperrgebiet am nächsten Tag geschossen wird, nur Verständnislosigkeit und Witze zu hören. Er habe seit 13 Jahren nichts von solchen Aktivitäten bemerkt, wir sollten einfach fahren und er würde uns genau beobachten. Bei einer Explosion wüsste er dann ja Bescheid…Also, auf nach Riga!