Samstag, 20. Juli 2019

Russland- wir kommen! (7.7.-10.7.)




Das Reisen per Segelboot nach Russland ist eigentlich nur deswegen so schwierig, weil es fast keine gesicherten offiziellen Informationen dazu gibt. In Internetforen und über Mundpropaganda hörten und lasen wir viel, aber einen sicheren Plan konnte man von den verschiedenen Angaben und Meinungen nicht ableiten, da jeder etwas anderes behauptete oder die Aussagen älteren Datums waren. Erst in Kotka (Stadt in Ostfinnland) entschieden wir uns („Element“ und „KETO“), nach logisch klingenden Aussagen von russischen Seglern, auf der finnischen Schäre Santio auszuklarieren, ca. 73sm nach Kronstadt (Fort Konstantin) zu segeln und dort in Russland einzureisen. Dass man an beiden Zollstegen über Nacht bleiben kann, wurde uns ebenso bestätigt. Nach einem Volltanken der Boote (Wasser+ Lebensmittel+ Diesel) ging es am 9.7. 26 sm durch die Schärenlandschaft nach Santio. Gegen 17.30 Uhr erwarteten uns schon zwei freundliche Beamte am Zollsteg, die eine kurze Einweisung gaben- nicht weiter als bis zur Trockentoilette laufen (20m), auch die Hunderunde auf dieses Gebiet begrenzen, Ausklarierung am nächsten Morgen um 8.00 Uhr- und per Schlauchboot rasend schnell verschwanden. Bis hierher stimmte also unser Plan…Am Morgen des neuen Tages waren sie tatsächlich pünktlich am Steg, sammelten Pässe und Kopien der Papiere ein, schauten kurz durchs Boot und schon 9 Uhr ging es mit guten Wünschen und um ein paar Süßigkeiten und Brillenputztücher reicher auf die nächste Etappe. 



Wind und Wetter meinten es lange Zeit gut mit uns, die Welle war klein, die Temperaturen auszuhalten. Ungefähr die Hälfte der Strecke lag hinter uns, als sich der Himmel am Horizont verdunkelte und der Wind deutlich auffrischte. Bei Am-Wind-Kurs (Kurs mit größter Krängung) ca. 25° schief liegend zogen plötzlich so ruppige böige Winde über uns hinweg, dass mir angst und bange wurde. Zeitgleich musste exakt navigiert werden, da nur ein schmaler Streifen zwischen gesperrten militärischem Übungsgebiet rechter Hand und dem links liegenden flachen Ufer befahren werden konnte. Der Wind wurde immer stärker, das Segel musste gerefft werden und Carsten dazu vor an den Mast. Obwohl mir fast übel vor Angst war, blieb mir nichts anderes übrig, als zitternd das Ruder zu übernehmen. Alles ging gut, nur die Wettersituation verbesserte sich nicht. Mittlerweile war es Abend, die Temperaturen extrem gesunken und die Zeit schien still zu stehen. Auch ein rechts neben uns auftauchendes U-Boot mit Begleitschutz konnte die Stimmung nur kurz auflockern. Jeglicher Funkversuch mit der russischen Coast Guard ging ins Leere und blieb unbeantwortet, auf dem gut befahrenen Fahrweg aus Richtung Kronstadt wechselten sich die Schiffstypen ab (Container- , Militär-, Fähr-, Kreuzfahrschiff) und irgendwie zwischendurch mussten wir ins Hafenbecken schlüpfen. Dem Beispiel der „Element“ folgend querten wir kurz nach einem hellbeleuchteten Kreuzfahrriesen die Fahrrinne und segelten unbeeinträchtigt zwischen den Molenköpfen hindurch. Geschafft! 

Am Zollsteg wartete-23.30 Uhr!- ein total jung wirkender blau Uniformierter  und absolvierte mit uns zu nächtlicher Stunde tatsächlich noch die Einreiseformalitäten, während Armgard mit Paule alle erlaubten Stege und Wege ablief. Bis 10 Uhr am nächsten Morgen dürften wir bleiben- zumindest verstanden wir seine russischen Aussagen so- und wir freuten uns nach einer weiteren Stunde auf die verdiente Nachtruhe. Nach einem guten Frühstück sollte es gegen 9.45 Uhr in Richtung St. Petersburg gehen, Armgard und ich schickten Paule wohl zum 20. Mal den 50m langen Steg hin und her, als plötzlich erneut ein Uniformträger (grün) auftauchte und die Männer aufforderte, sie zu begleiten. Bald war auch klar warum: der Zoll begann erst 10 Uhr seine Arbeit und die fällige Formular- und Kontrollrallye begann. Das hatten wir aber am Abend zuvor ganz anders verstanden und uns schon über die kurze und unkomplizierte Prozedur gefreut! Nur gut, dass wir noch nicht abgelegt hatten, das wäre bös ins Auge gegangen. Bei einer unbefugten Einreise nach Russland wären die Beamten sicher nicht mehr annähernd so freundlich und kooperativ gewesen. In der Wartezeit kamen wir noch mit russischen Seglern, die wie wir ihre Ausreiseformalitäten hinter sich brachten (Regatta in Tallin war ihr Ziel), ins Gespräch und bekamen die letzte Bestätigung, welcher Hafen für Ausländer in St. Petersburg anzulaufen ist. Kurz nach 11 hieß es dann „Leinen los!“ und zwei Stunden später tauchte die Küste der Stadt vor uns auf…

Inselleben - Prangli und Brokholmen (4.7.-6.7.)




 
Bucht von Tallin: KETO vor Fähre


Rasante Überfahrt nach Prangli

Landung bei Gewitterstimmung

Gewöhnungsbedürftige Zaungestaltung mit Seeminen


Kontaktaufnahme mit Einheimischen

Fußgängerampel ( mit Ampelmännchen) im Nirgendwo



Trockentoilette
Alle Utensilien für ein zünftiges Feuer mit Grillen vorhanden
Wetterwechsel
Paule genießt Brokholmen besonders
So gut ging es uns lange nicht- mit Freunden unterwegs