Freitag, 28. Juni 2019

Unterwegs in Estland (18.6.-29.6.)


Der Wind pfeift durch die Masten, Regentropfen trommeln aufs Dach und der Himmel ist dunkel, wie sonst zurzeit nur mitten in der Nacht- endlich mal wieder Blogschreibzeit. Wobei, wenn ich ehrlich bin, fällt es mir in diesem Jahr schon echt schwer, mich zum Schreiben zu motivieren, brauche ich eine „Schönwetterpause“, um keine Ausrede mehr zu finden. Irgendwie bin ich im Urlaub angekommen …genieße die Einfachheit, Meer und Natur, Gespräche mit Fremden und Freunden. Eine Zeit ohne wirklich bemerkenswerte Ereignisse , aber eben auch ohne Anspannung oder Druck.
 Das Seebad Pärnu war in Estland nunmehr unsere erste Station. Ganz im Norden der Pärnu- Bucht gelegen, war lange nicht klar, ob es uns möglich ist, sie zu erreichen (Windrichtung bestimmt Route!), wollten wir doch Mittsommer, ein paar Tage später, auf der Insel Kihnu verbringen. Aber durch die in Lettland unfreiwillig eingesparte Zeit und den pünktlich einsetzenden Südwestwind funktionierte diese Idee und wir bogen unter Segeln am 18.6. nachmittags in die Hafeneinfahrt ein. Eine Kinderregatta (Bootstyp Optimist) genau vor den Gästestegen hinderte uns kurzzeitig am Anlanden, aber ein paar Kreisel später nahm ein junger, perfektes Englisch sprechender Hafenmeister die Leinen entgegen. Gleich nach dem Bezahlen fanden wir im Hafengelände einen kleinen aber feinen Segelausstatter und konnten Schäkel, Karabiner und Leinen ergänzen. Nicht gerade preiswert, aber die Möglichkeiten dazu waren trotz permanenter Nachfrage so rar, dass wir sie nutzen mussten. Pärnu, 1251 vom Deutschen Orden gegründet, zeigte sich, nicht nur wegen des Sonnenscheins, von seiner schönsten Seite. Bei Hunderunden und Spaziergängen erkundeten wir die verschiedenen Ecken der „estnischen Sommerhauptstadt“, die von einem Grüngürtel mit Parkanlagen – sehr Paulefreundlich-  umgeben ist. Ein Spa-Hotel am Anderen und ein langer Sandstrand locken nicht nur einheimische Kur- und Badegäste in den Ort, welche aber auch in der gemütlichen, von farbig gestalteten alten Holzhäusern dominierten, Innenstadt Wohlfühloasen finden.
LRS?!

Bummel durch Pärnu
Und auch ich fühlte mich ab dem zweiten Tag vor Ort wieder wohl, gelang es mir doch im modernen Einkaufstempel vor den Toren der Stadt, meine Handykarte für Carstens Ersatztelefon nutzbar zu machen und somit wieder erreichbar und kontaktfähig zu sein. Wichtig! Der Hafen füllte sich spürbar vor allem mit finnischen Booten. Die Mittsommerpartys der Finnen seien legendär, hörten wir…uns allerdings reichte eine „lustige“ alkoholisierte Nachbarcrew völlig aus- Zeit zur Flucht. Am 21.6. motorten wir, bei vollständiger Windstille und bedrohlich dunkler werdendem Himmel, kurzentschlossen mittags fünf Stunden zur Insel Kihnu. Auf der nur 7kmx 4km großen Insel am südwestlichen Ende der Pärnu- Bucht erhofften wir uns eine traditionellere Variante der Sonnenwendfeier und ein Wiedersehen mit Armgard und Swen- Olaf von der „Element“. Bei Ankunft war die Steganlage gut gefüllt und die gerade einlaufende Fähre brachte auch eine nicht geringe Anzahl neuer Touristen. Dies zwei Tage vor dem Ereignis- unsere Hoffnungen auf ein paar beschauliche Stunden schwanden dahin. Als aber am Abend viele Touris wieder abfuhren und sich der Steg am nächsten Morgen nach dem Ausschlafen ebenfalls fast leer präsentierte, waren wir schnell versöhnt. Auch wenn sich Kihnu auf den ersten Blick durch die Fährverbindung mit dem Festland betriebsamer als Ruhnu zeigte, schien sie auf den Zweiten wie „aus der Zeit gefallen“.  Einheimische aller Altersklassen, welche im Alltag ganz selbstverständlich Trachtenkleidung tragen, verstreute Ansiedlungen, naturbelassene Strände, Inselverkehr, welcher durch Fahrräder, Motorräder mit Beiwagen und LKWs, die auf der Ladefläche Menschen transportieren, geprägt ist- schon wirklich besonders. Und da habe ich den Inselsnack, salzigen getrockneten Hornhecht, noch nicht mal probiert…
Öffentlicher Nahverkehr...

Inselblitzer
Eine liebe Einladung zum gemeinsamen Frühstück auf der „Element“, mit vielen Geschichten und Erlebnissen aus den vergangenen Tagen gewürzt (das kann schon mal bis 12 Uhr gehen…), Strandzeit und Waldspaziergänge mit Paule (nächstens gehört eine Frisbeescheibe ins Boot- hier gab es eine frei zugängige 12- Loch- Frisbeegolfanlage!), Leute „gucken“, lesen- es wurde auch die folgenden zwei Tage nie langweilig. Am 23.6. lösten wir dann unser Versprechen beim Fahrradverleiher der Insel ein und mieteten zwei Räder für den Abend. Da Paule im Boot blieb, konnten wir vor der Mittsommerfeier noch einen Abstecher zum am südlichen Ende der Insel gelegenen Leuchtturm machen und mussten auch in der Nacht nicht 2,5km zu Fuß durch den Wald zurück laufen.


Ab 20 Uhr füllte sich dann der Fest- und Sportplatz in der Mitte der Insel mit den, durch ihre Kleidung leicht erkennbaren,  Einheimischen und doch erstaunlich vielen Gästen. Ein traditioneller Teil mit Liedern und Tänzen vorgeführt durch Menschen aller Altersklassen (ca. 6 bis 80 Jahre) leitete den Abend ein, bevor mit dem Anzünden des Johannisfeuers, das Signal für Musik und Tanz für Jedermann gegeben wurde.  Eine geschmückte Lkw-Ladefläche fungierte als Bühne für Livemusik, eine große Tanzfläche, zwei Imbiss- und Getränkestände zur Versorgung der Menge- mehr brauchte es nicht für einen tollen Abend in lustiger und fröhlicher Atmosphäre. Ach ja, vier Holzhäuschen mit Loch im Boden am Waldesrand (=Toilette) gab es auch noch. Nur gut, dass die Nacht so hell nun auch wieder nicht war…

 

Mit 12 Knoten Wind rechneten wir am nächsten Tag für die 35 Seemeilen nach Kuivastu, mehr als 20kn stellten sich bald ein und dies gegen an. Nach 50 gekreuzten sm in 11 Stunden landeten wir, nach einer guten Idee der „Element“ den Törn abzubrechen, in Louderanna. Blieben eine Nacht (25€, es wird immer teurer!), genauso wie in Kuivastu (direkt am hochfrequentierten Fähranleger- kein Flair, aber Sauna incl.). Zurzeit pfeift uns in Haapsalu der Wind mit über 25 Knoten um die Ohren, laut Vorhersage werden wir hier mindestens 3 Tage „eingeweht“. Aber durch das nette Örtchen lässt sich gut bummeln, der Hafen hat einen guten Standard, Wäsche muss gewaschen werden, Vorräte ergänzt und natürlich endlich mal wieder Blog geschrieben werden…