Freitag, 17. August 2018

Högaküsten: Wander- und Erlebnisurlaub statt Segeltörn…


Blick vom Lotsenhaus auf Ulvön
Der Tagesrhythmus auf Fahrt ist relativ gleichbleibend. Gegen 7 Uhr aufstehen (bei weiten Strecken auch mal 5.30 Uhr), Frühstück, Paulerunde,  Start zwischen 8.30 – 10.00 Uhr, Ankunft am Zielhafen  zwischen 14 – 18 Uhr, klar Schiff und Hafengebühr bezahlen, Gegend erkunden (mit Paulerunde und evtl. einkaufen). Am Abend dann gemeinsam kochen und essen und ein bisschen Zeit ohne feste Planung. Da müssen Kontakte in die Heimat gepflegt, Fotos gesichtet und überspielt, Logbuch- und Blogeintragungen verfasst,  die Route für den nächsten Tag vorgeplant, mit anderen Seglern geklönt werden, manchmal muss Carsten arbeiten, Rommé wird gespielt … Ich komme nicht einmal zum Bücher lesen, gerademal  zwei hab ich in der langen Zeit bewältigt – unglaublich! ;-) Der Tag ist meistens viel zu kurz für alle nötigen oder gewollten Tätigkeiten und am nächsten Tag geht es schon weiter.
Seitdem wir aber durch die Inseln und Häfen der Högaküste tingeln, ist alles ein wenig anders. Ständig erwartet uns irgendein Superlativ: die höchste Insel Schwedens (Mjälton), der höchststehende Leuchtturm (Högbonden), die längste Brücke (Högaküstenbrücke)… Dies hat zur Folge, dass wir nur kurze Strecken von 5 bis 15 sm fahren , zeitig am Ziel sind und auch mal 2 Tage vor Ort bleiben, alles Sehenswerte erlaufen und uns ein wenig wie im Wanderurlaub im Hochgebirge fühlen. Denn jede der 200- 300m hohen Inseln  ist im unteren Teil bewaldet und im oberen eher felsig mit Sträuchern und Flechten und zeigt, außer den Natursteigen, eine „Urwüchsigkeit“,  wie sie uns sonst nur aus dem Gebirge bekannt ist.  Am Ende wird man durch eine gigantische Aussicht auf den Ort oder die Ostsee mit naheliegenden Inseln belohnt und mit vielen kleinen Erlebnissen so nebenbei. So schwamm gestern Abend ein Biber, aus dem Schilfgürtel der Ostseebucht, in der wir lagen, kommend, am Boot vorbei. Auf Mjälton nutzten wir erstmalig eine Sauna am Strand, d.h. eine Holzhütte, wo der Saunaofen mit Scheiten selbst angefeuert werden kann (Holz und Axt liegen bereit) und man zur Abkühlung in die 10 Meter entfernte Ostsee springt. Segelten wir von Bönhamn, da die dortige Fähre nach Högbonden (Leuchtturm) schon den Saisonbetrieb eingestellt hatte, eben selbst dorthin an den Fähranleger, hatten ein Zeitfenster von 1,5 Stunden, um einer Fähre aus einem anderen Ort nicht im Wege zu liegen. Rannten geradezu den Weg zum Leuchtturm hoch und schafften es auch ohne Probleme rechtzeitig abzulegen. Oder wir gönnen uns, wie vorgestern, eine Ausfahrt, d.h. wir nutzten den schönen Segelwind und Sonne, um früh aus Lövvik zur Högaküstenbrücke und darunter hindurch zu segeln, sie kurz an Land zu besuchen um dann zum Ausgangspunkt (idyllischer Steg) zurückzukehren und uns abends mit zwei eingetauschten 10 Kronenmünzen (für den Automaten!) die Sauna anzuheizen.
Spannend sind auch die Begegnungen und Gespräche mit den Menschen der Region, die ihre Heimat lieben und von sich aus die schönsten Plätze beschreiben und empfehlen. Zum Beispiel verkaufte uns die Cafebesitzerin in Bönhamn einen Teil ihrer Lebensmittelvorräte (Einkaufsmöglichkeiten gibt es im Paradies kaum!) und erzählte, dass sie in der Gegend aufgewachsen ist, ihr Geschäft aber nur während der Sommersaison führt und den Rest des Jahres mit Familie in Kalifornien lebt. Im Sommer habe der Ort 60 Einwohner, im Winter dagegen nur 12 …! Und, und,  und…
In vielen Häfen sind wir die einzigen Gastlieger. Ein sicheres Zeichen dafür, dass die Hauptsaison in Schweden vorbei ist. Auch für uns heißt es langsam Abschied von der "hohen Küste" zu nehmen und uns auf den langen Heimweg zu begeben, auch wenn dieser Sommer vom Gefühl her nie enden bräuchte …

Höchster Punkt der Insel Mjälton

Högaküstenbrücke

Leuchtturm und JH Högbonden

Biberzeit
Blick auf die Ostsee vor Bönhamn