Dienstag, 10. Dezember 2019

Alles hat ein Ende...(Anke) (4.8. - 8.8.)

 

…Nur unsere Auszeit hat zwei. Ähnlich wie beim versetzten Start ins Sabbatjahr machte der Zwang, zu Beginn des neuen Schuljahres wieder anwesend zu sein, einer gemeinsamen Rückfahrt einen Strich durch die Rechnung. Das war natürlich von vornherein klar und so war der Rückflug am 8.August von Helsinki aus für mich schon lange gebucht. Vier Tage blieben bis zu diesem Termin und diese sollten nicht ausschließlich „Großstadttage“ sein. Also suchten wir eine letzte Zwischenstation vor der Hauptstatt Finnlands und fanden sie auf der Insel Pirttisaari in Svartviken. Fanden ist hier sogar wörtlich gemeint, suchten wir den beschriebenen Steg erst einmal in einer falschen, ausschließlich mit Privathäusern gespickten Bucht. Erst nach einem wenig freundlichen Hinweis eines Anwohners, welcher eifersüchtig seinen Steg bewachte, und einer halben Runde um die Insel zurück, landeten wir an der richtigen Stelle. Auch diese Insel konnte ihren ehemaligen Nutzungszweck nicht verschleiern- Kanonenstationen, Bunker und ein Feuerwehrturm zeugten von einer militärischen Vergangenheit, ja zählt man in Finnland sogar zum „militärischen Kulturerbe“. Für uns allerdings waren die in der Sonne in unbeschreiblichen Farben leuchtende Küste, Baden, Grillen und Wanderungen zum anderen Ende des Eilandes viel bedeutsamer. Dies konnten uns nicht einmal die am Nachmittag einfallenden Boote incl. „lustiger Rentnergruppe“ auf Blaufahrt vermiesen. Blaubeeren satt, eine Badebucht mit herrlichem Sandstrand für uns allein und das Fotografieren von gelb leuchtenden Adern in den Steinen der Küste- für jeden war etwas dabei.


Am nächsten Morgen sollte es nun zur wirklich letzten Etappe meines Segel-Auszeit-Jahres nach Helsinki gehen. Carstens Hoffnungen auf einen schönen Segeltag wurden jäh zerstört: spiegelglatt und Wolkenbilder malend zeigte sich die Ostsee von ihrer ganz stillen Seite. Aber das konnte Carsten, nach einem solch tollen Segelsommer, nicht auf sich sitzen lassen! So wurden beim ersten spürbaren Hauch eines Lüftchens die Segel gesetzt und wir bewegten uns mit wahnwitzigen 2, … Knoten voran. Und so verrückt es klingen mag – das erste Mal in den sieben Monaten auf der KETO störte mich das Vorwärtsdümpeln überhaupt nicht.


In Helsinki gibt es nicht nur einen Hafen. Wir entschieden uns im Vorfeld für die Festungsinsel Suomenlinna, die, während des 18.Jahrhunderts als Flottenstützpunkt gebaut, seit 1991 UNESCO Weltkulturerbe ist. Also eigentlich sind es mehrere durch Brücken verbundene Inseln, welche, von 850 Menschen bewohnt (zählt als eigener Stadtteil von Helsinki), jährlich um die 900000 Besucher anziehen. Nach dem Anlegen gab es gleich die erste Überraschung- auf dem Nachbarboot zeigte sich ein bekanntes Gesicht. Einer der Gäste der tollen Hochzeitstagfeier auf Äggskär (ein Rechtsanwalt, welcher uns beiden seine Dienste anbot, sollten wir mal auf die Idee einer Scheidung kommen…) lud uns kaum 20 Minuten später auf sein Boot zu einem Glas Wein ein (dabei blieb es nicht!), stellte uns seine Tochter vor, um uns dann viel Geld für Paule anzubieten, welchen beide super fanden. Abgelehnt!!! Da hört die Freundschaft auf… Etwas später stromerten wir für ein erstes Kennenlernen durch die Festungsanlagen, genossen Ausblick, Natur und in Stein gehauene Geschichte.


 

Der Fähranleger in Richtung Helsinki inclusive Fahrplan für den nächsten Tag war auch bald gefunden und so konnten wir beruhigt meinen letzten Abend auf der KETO ausklingen lassen. Nur 20 Minuten braucht man von Suomenlinna mit der Fähre in die Innenstadt. Bewaffnet mit einem Stadtplan und einer Auflistung der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, ging es als Erstes zu Fuß über eine Art Wochenmarkt in Richtung Bahnhof.


Hier wollten wir meinen abendlichen Weg zum flughafennahen Hotel abchecken, den ich ja dann mit Gepäck allein bewältigen musste. Per pedes ging es weiter, in Richtung Sibelius- Denkmal, durch einen Park. An dieser Stelle sprach uns ein finnisches Fernsehteam an und interviewte uns sogleich, inmitten einer Schar Weißbackengänse stehend, zum Thema „Gänse in der Großstadt“. Durch deren massenhafte Invasion in Parks und Grünanlagen der Städte bzw. ihren „Hinterlassenschaften“ (Bergen von Kot) an Stränden und Ufern von Seen werden sie zunehmend zum Ärgernis für viele Einheimische.

Mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass unser Statement in den Abendnachrichten zu sehen sein wird, landeten wir (und viele Busladungen Menschen aus aller Welt) auch bald am Denkmal. Das gehörte nicht zwingend zu den Highlights des Tages, da war der Besuch einer öffentlichen Toilette fast beeindruckender. Ohne einen einzigen Kontakt mit irgendeinem Teil der Innenausstattung und penibel sauber verrichteten Tür, Spülung, Wasserhahn und Trockner ihre Arbeit, wie von Zauberhand gesteuert, im gewünschten Moment. Space-Shuttle- Technologie wahrscheinlich… Auch ein Besuch der Felsenkirche, einem in Granitfelsen hinein gebautem Gebäude mit 180 Fenstern, 5 bis 8m hohen unbehauenen Wänden und einer Kuppelhöhe von 13 Metern, stand auf dem Plan. Leider musste Carsten mit Paule vor der Tür bleiben. So genoss ich die besondere Akustik (Chor mit Orgelbegleitung) ganz für mich alleine.

Im unmittelbaren Zentrum der finnischen Hauptstadt warfen wir zum Abschluss noch einen Blick auf das Wahrzeichen der Stadt- den weiß leuchtenden Dom. Auf den Treppen und dem davorliegenden großen Platz trafen sich Einheimische, schoben sich Reisegruppen, immer dem obligatorischen Schirm folgend, durch die Menge und die ein- oder andere Musikgruppe verzauberte die Vorbeilaufenden mit ihrer Kunst.

Unter den Klängen der Lieder des Musicals „Phantom der Oper“ ging es, doch recht pflastermüde, mit der Fähre zurück zur Festungsinsel. Und dann verflog die Zeit fast unwirklich schnell. Ein letzter Kaffee an Bord der KETO für mich, der traurige Abschied für mindestens vier Wochen von Carsten und Paule, mit Fähre und Zug zur letzten Übernachtung ins Hotel … 4.30 Uhr Frühstück und schon startete der Flieger pünktlich 7.00 Uhr in der Frühe in Richtung Heimat. Das Mittagessen gab es schon in Dresden…