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KETO vor Queen Victoria bei Ausfahrt Klaipeda |
Das im
zweiten Teil unserer Ostseerunde einiges anders laufen würde war mir schon
klar. Rein reisetechnisch waren es vor allem die Entfernungen zwischen den
Häfen, die eine andere Dimension hatten. Sind für uns bisher Strecken über 50sm
eher die Ausnahme gewesen, werden sie mittlerweile fast selbstverständlich.
Besonders für Paule stellen sie, mit zum Teil über 10 Stunden Hundekoje, eine
große Herausforderung dar. Und nun lag eine viel längere, vielleicht sogar die
längste Strecke, vor uns. Klaipeda in Littauen musste der nächste Haltepunkt
sein, obwohl durchaus noch russische Häfen anlaufbar wären. Da aber das An- und
Abmelden zentral in Baltjisk stattfinden soll (Vorschrift), hätten wir danach
wieder zurückfahren müssen. Das machte keinen Sinn, also „Augen zu und durch“!
6.45 Uhr legten wir in Wysmorje ab und motorten nach Baltjiskk. Wieder
durchliefen wir eine moderate Zollkontrolle, Paule wurden noch 5 Minuten „Pullerpause“
auf russischem Boden zugestanden und dann ging´s richtig los. Mit gerefftem Vorsegel
verließen wir den Hafen um kurze Zeit später wieder auszureffen- der angesagte
Wind fehlte und nahm sogar immer weiter ab. Nachdem das Setzen des Spinnakers
völlig in die Hose ging (Carsten entkam nur knapp dem herumfliegenden Spibaum),
musste der Gennacker herhalten. Jetzt frischte der Wind natürlich auf und
plötzlich ging es in rauschender Fahrt voran. Die Meilen schmolzen nur so dahin und ich
begann gerade von einer baldigen Ankunft zu träumen… als der Wind wohl schlafen ging und einzig der Motor die
verbleibenden 35 Seemeilen abarbeitete. Das Boot rollte unangenehm über die
querlaufende Welle. Zwischenzeitlich war die Sonne untergegangen und die
Müdigkeit ließ die Augen einfach zufallen. Nach einer kurzen Siesta unter Deck
meinerseits (an Schlaf war nicht zu denken) diskutierte ich mit Carsten, auf
der Leiter stehend, die von Olaf per Funk hinterfragte Bedeutung der
Leuchtbojen um uns herum (Alternativen: Schießgebietsmarkierungen, ehemaliger
Minenlegeort oder Munitionsversenkstelle…), als mich tatsächlich die
Seekrankheit erwischte. Nach mittlerweile so vielen Meilen kam dies wie aus
heiterem Himmel und machte die nächsten Stunden nicht angenehmer. Endlich
schien Klaipeda greifbar nah und nur noch das Überwinden der unangenehm hohen und
kraftvoll in der Hafeneinfahrten Wellen (Wassertiefe ändert sich hier
schlagartig von 40m auf 11m) und der litauische Zoll standen zwischen uns und
den ersehnten Betten. Vor lauter Aufregung hatte niemand an die fällige
Anmeldung per Funk bei der Coast Guard gedacht und so fingen wir einen Rüffel
des Küstenschutzes per Handzeichen vom Ufer und per Funk ab und die Anweisung,
uns zum Zollsteg zu begeben. Ihre Anweisung wiedersprach aber der Aussage
unserer Karte und da wir eher ihr als unseren Englischkenntnissen vertrauten,
fuhren wir in das vermeintliche Zollbecken. In der allerletzten Ecke fanden wir
einen Liegeplatz und wurden kurz darauf von zwei freundlichen litauischen
Beamtinnen, welche unsere Irrfahrt vom Auto aus genau beobachtet hatten,
begrüßt und abgefertigt. Jetzt hieß es nur noch die Brücke zu Festungsgraben zu
passieren (unser Hafen), die pünktlich durch Angestellte per Muskelkraft
(Drehbrücke) geöffnet wurde und endlich war es geschafft. 102 Seemeilen in 22
Stunden lagen hinter uns. Und Paule?! Mit gaaanz schlechtem Gewissen ob der
zugemuteten Situation holten wir unseren Freund nach oben. Aber als ob diese Tour
trotz ihrer Länge für ihn Alltag gewesen sei, eroberte er schwanzwedelnd das
Deck, reckte die Nase in den Wind und machte so noch nicht mal den Eindruck
durchlebter Not. Nicht einmal in der ganzen Zeit hatte er sich gemeldet, hatte
den Großteil der Reise einfach verschlafen! Obwohl wir uns am liebsten in die
Kojen verkrochen hätten, musste Paule nun zu seinem Recht kommen. So eroberten
wir die nahe gelegene Innenstadt von Klaipeda früh 7 Uhr. Im einzig offenen
Laden uns mit Brötchen und Kuchen versorgend, ging`s zurück und nach einem
ausgiebigem Frühstück endlich ins Bett.
Nach solch
durchwachter Nacht fiel eine sofortige Weiterfahrt aus. Überhaupt waren wir im
Zweifel in welche Richtung. Die Kuhrische Nehrung wollten wir nicht so einfach
auslassen, andererseits wehte uns der Wind entgegen, das Wetter war
durchwachsen und auf 30sm unter Motor hatte niemand Lust. Zusammen mit Olaf
begaben wir uns so am nächsten Tag zur Touristeninformation, um eine
Busverbindung nach Nida (Hauptort auf der K.N.) zu erfragen. Der Plan war
erfolgreich und uns blieb sogar noch ein wenig Zeit, um auf dem Marktplatz an
ein paar Handwerkerständen vorbei zu bummeln (Töpfer, Weberinnen,
Holzschnitzer, Textilgestalter und die in diesen Breitengraden allgegenwärtigen
Bernsteinstände). Mit Fähre und Bus ging es später nach Nida. Durch schier
endlose Kiefern- und Birkenwälder ging es voran. Nur manchmal blitzte links und
rechts das spiegelnde Wasser der Ostsee bzw. des Haffs auf, waren die Häuser
der kleinen Ansiedlungen zu sehen. Im Ort ging es hinauf auf die 52m hohe, weißleuchtende
Parnidis Düne, auf der seit 1995 auch ein Sonnenuhr- Kalender steht. Für Paule
ein Paradies, konnte er nach längerer Zeit mal wieder frei laufen und seinen
eigenen Weg suchen. Nach der Mittagseinkehr in einem Lokal mit Biergarten und
Blick aufs Haff (lecker aber nicht sehr viel), folgendem Spaziergang durch den hübschen
Ort und Kaffepause ging es am Abend mit dem Bus zurück zum Boot. Die nächsten
Stationen sind schnell genannt: Liepaja (30.5./31.5.), Pavilosta (1.6./2.6.),
Ventspils (3.6.).Wir empfanden sie, außer Pavilosta, als wenig sehenswert, nutzten sie
zum Einkauf und als reine Durchgangshäfen. Im letzteren Ort lud dagegen ein nicht
endender Sandstrand zu Spaziergängen ein und ließ wenigstens ein bisschen
Urlaubsstimmung aufkommen. Dazu gab`s einen sehr netten und ausgezeichnet
deutsch sprechenden Hafenmeister, der uns viel über Land und Leute in Lettland
erzählen konnte. Seit gestern (4.6.) liegen wir in Montu an der Südspitze der
estnischen Insel Saaremaa im Westen der Rigaer Bucht. Ein nagelneu gestalteter
Hafen (incl. Sauna) in natürlicher Umgebung überraschte uns hier. Und schon
wieder schieben wir einen Tag Urlaub ein- Zeit haben wir im Moment genug…
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Sonnenaufgang im Hafen von Klaipeda |
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Hafen Festungsgraben |
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Ännchen von Tharau... |
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Sonnenuhr |
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Blick von der Düne |
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Freundliche Verabschiedung durch den litauschen Zoll |
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