Woher kommt der Wind...? |
Nach meinem Geburtstag sollte es zügig in Richtung Heimat
gen Süden weiter gehen. Aber wie eigentlich fast ständig auf dieser Tour
(erwähnte ich das schon einmal? ;-) ) hatte irgendein Windgott etwas dagegen.
Nicht nur die Richtung war falsch, nein, jetzt kam auch noch Starkwind dazu,
d.h. Windstärken zwischen 6 und 8 (in Böen bis 40 Knoten!). Keine Chance also
zur Weiterfahrt für uns und so blieben wir zwangsläufig weitere 3 Tage in Nynäshamn. Die Stimmung
sank gegen 0, als auch jede neue Prognose keine Änderung dieser Situation
versprach, ja uns sogar Wellenhöhen über 2m in Aussicht gestellt wurden. Die
einzige Möglichkeit bestand darin, den langen Schlag nach Oxelösund in zwei
Teilen zu absolvieren. Ein kleines Windfenster am Donnerstag (13.9. ) gegen Mittag
versprach etwas schwächere Winde und so ging es bei Gegenwind in den Norden der
12sm entfernt liegenden Insel Öje. Eine unspektakuläre Überfahrt schien uns in
dieser Entscheidung Recht zu geben. Für die Hafeneinfahrt wären Herztropfen allerdings
keine schlechte Wahl gewesen (einlaufende große Welle von See!). Es empfingen
uns ein schön gelegener Naturhafen mit Betonpier und ein rühriger, deutsch
sprechender Hafenmeister. Am Nachmittag erkundeten wir die noch bis 1999 nicht
zugängige Insel (vom Militär genutzt) mit dem Ziel, den bekannten Leuchtturm
von Landsort an der Südspitze zu Gesicht zu bekommen. In der folgenden Nacht
bekamen wir beide nicht viel Schlaf. Ein unheimlicher Schwell stand im Hafen
und schüttelte das Boot begleitet von pfeifenden Windgeräuschen ordentlich
durch. Dazu noch die Vorahnung einer stressigen und nicht ungefährlichen
Überfahrt eben mit Gegenwind, unter Motor mit vorhergesagter gegenlaufender
Welle von über einem Meter und immerhin über 28sm Streckenlänge und bisher kam
es immer schlimmer als jede Vorhersage!!! Kurz zuvor hatten wir auch noch von einer leckgeschlagenen
Yacht vor Bornholm gehört, die durch eine Welle auf Felsen getragen wurde und
sank. Unausgeschlafen ging es nach Sonnenaufgang mit den Vorbereitungen los,
die gefühlt ewig dauerten. Schon die Planung, wie wir dieses Mal am besten die
enge, durch Felsen gesäumte Hafenausfahrt passieren ließ die Aufregung steigen.
Und dann ging es los… Was soll ich sagen: es wurde der befürchtete wilde, laute
und ruppige Ritt. Die KETO wurde von links nach rechts und zurück geschüttelt,
bezwang aber Wellenberg um Wellenberg (souverän geführt durch den Kapitän!) und
knallte doch das eine oder andere Mal sehr unsanft in die Wellentäler. Jede
einzelne Welle musste unter Motor angesteuert werden. Manche waren tatsächlich
übermannsgroß (Carsten konnte nicht darüber schauen) und dann kamen sie noch
aus verschiedenen Richtungen (Wellenrichtung ungleich Seegang). Unter Deck gehen funktionierte gar nicht, also
klammerte ich mich einfach oben an irgendetwas fest und versuchte meinen Körper
in der Pflicht so zu verkeilen, dass ich nicht durch die Gegend flog. Bei einer
durchschnittlichen Geschwindigkeit von etwas über 3 Knoten schien die Zeit
still zu stehen bis das Ziel auszumachen war. Insgesamt 8 Stunden dauerte die Tortur… In Oxelösund
begrüßte uns ein leerer
und geschlossener Gästehafen, d.h. wir konnten anlegen,
aber alle Serviceeinrichtungen waren zu (Toilette, Dusche, Tankstelle…). Auch
ein Bezahlen war trotz Anruf einfach nicht möglich. Ein Spaziergang mit Paule
in die Stadt und eine Einkehr beim örtlichen Kebabladen sowie beim Supermarkt brachte uns ein wenig „runter“.
Nach einem Blick in die Windvorhersage war aber klar: der Westwind am nächsten
Tag früh musste genutzt werden um weiter zu kommen, schon mittags sollte er
sich wieder (na was wohl…) auf Südwest umstellen, was erneut gegenanfahren
bedeuten würde. Wieder bekamen wir wenig Schlaf, der Schwell im Hafen rollte
das Boot dieses Mal seitlich hin und her. Am nächsten Morgen brachte uns
eigentlich nur die Einsicht in die Notwendigkeit aus den Betten, von „Wollen
war längst keine Rede mehr. Belohnt wurden wir mit einer relativ ruhigen Fahrt
bei kleiner Welle durch eine beeindruckend schöne Schärenlandschaft. Sogar das
Vorsegel kam häufig zum Einsatz.Landsort auf Öje - Leuchtturm |
In Fyrudden erwartete uns geradezu ein
Kontrastprogramm zum vorherigen Hafen. Sowohl Tankstelle als auch Bezahlen der
Liegegebühr und Zugangscode für die Sanitäreinrichtungen erhielt man beim
Bezahlen am Automaten – so einfach ist das… Der abendliche Spaziergang führte
durch ein locker bebautes Wohngebiet ohne Zäune mit herrlichem Ausblick auf die
vorgelagerten Schären. Sogar drei Rehe
trafen wir unterwegs. In nur 10m Entfernung standen sie vor uns, guckten
erstaunt und gingen ohne Hast davon. Erstaunt geschaut haben wir am Abend dann
auch noch. Plötzlich tauchte vor dem Boot auf dem sonst menschenleeren Kai ein
Soldat in Kampfkleidung, mit geschwärztem Gesicht und Gewehr auf. Da überlegt
man sich schon mal kurz, welches geltende Recht man gerade verletzt haben
könnte… So schnell wie er da war, verschwand er aber auch wieder. Als dann am
nächsten Tag gegen 7 vier offene Boote einen ganzen Trupp dieser „Kämpfer“ an
der Tankstelle ausschütteten, konnte dies uns schon nicht mehr erschüttern.
Schließlich stand der nächste lange Tag an, noch einmal sollte es 36sm weiter
südlich nach Västervik gehen und der Wind sollte es nach Vorhersage einige Zeit
gut mit uns meinen…
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