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Västervik |
Tatsächlich fuhr die KETO in Richtung Västervik seit langer
Zeit wieder einmal unter Segeln. Noch vor Tagen hatte Carsten ein Fortbewegen
eben unter diesen innerhalb der Schären völlig ausgeschlossen, aber die
ausreichende Breite des Fahrwassers, die gute Sicht bei Sonnenschein sowie der
günstige Wind stimmten ihn um. Was war das für ein gutes Gefühl, mal ohne
Motorgeräusch über das Wasser zu fliegen. Gleich konnte man die traumhafte
Natur doppelt genießen. Einzig bei kniffligen, engen Stellen kam der Motor zum
Einsatz. Und die gab es durchaus! Wenn die Felsen beidseitig so 5m neben dem
Boot liegen, hält man schon mal kurz die Luft an … Der Gästehafen von Västervik
hat sicher schon bessere Zeiten gesehen. Er wirkte ungepflegt und verlottert.
Herumliegender Müll, nicht gereinigte Sanitäranlagen ließen, trotz vorhandener
Sauna, wenig Wohlbefinden aufkommen. Dafür zeigte sich der Ort von seiner
besten Seite: gepflegte, neue Anlagen, Holzplattformen und Sitzgelegenheiten,
eine gemütliche Innenstadt mit hilfsbereiten, netten Menschen. In langen
Spaziergängen entdeckten wir Altbekanntes (frühere Urlaube!) wieder und-
vergaßen dabei gleich unseren Hochzeitstag, zum Glück alle beide! Da wir jetzt
jeden auch nur halbwegs nutzbaren Tag für eine Weiterfahrt nutzen müssen, um
vor Weihnachten zu Hause zu sein, ging es nach zwei Tagen weiter nach Figeholm.
Gegenwind und hohe Wellen zwangen uns unter Motor in ein unglaublich enges und
verzwicktes, aber küstennahes Fahrwasser. Und trotz der vielen gefahrenen
Seemeilen in den vergangenen Wochen, zwischen Steinen und Schären hindurch,
hätte es uns diesmal fast doch erwischt: ein Wald aus roten und grünen Spieren
säumte den Weg und eigentlich schien lange Zeit alles logisch zu sein, als der
Plotter Carsten eine Richtung vorgab, in der deutlich sichtbar, knapp unter der
Wasseroberfläche, Felsen zu erkennen waren und eine grüne Tonne, die rechter
Hand vor uns lag, im Plotter einfach fehlte. Nur die schnelle Reaktion Carstens
bewahrte uns vor dem Auffahren. Nach minutenlanger Verwirrung und einem Blick
in die Papierkarten beschloss auch der Plotter uns wieder zu Diensten zu sein,
drehte irgendwie die Ansicht und der richtige Weg wurde klar. Nun sehr
aufmerksam, beide Seekartenvarianten immer abgleichend, setzten wir die Tour
fort und waren sehr froh, als der nett aussehende (aber auch geschlossene)
Hafen von Figeholm erreicht war. Hilfsbereit organisierte uns ein Mitglied des
dortigen Klubs telefonisch die Hafenmeisterin und damit den Zugang zu den
Sanitäranlagen. Der Erholungstag war nach dem Schreck dringend notwendig und
wir nutzten ihn gleich zum Grillen.
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Figeholm |
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Sonnenaufgang in Figeholm |
Die abendliche Planung für den nächsten Tag
gipfelte diesmal in einen Plan A und B. Wieder standen fast westliche Winde an
und so schien uns Borgholm auf der Insel Öland (ca. 30sm) am besten erreichbar
(A), sollte sich aber die Welle draußen als zu hoch erweisen oder zu südliche
Winde auftreten, wollten wir Timmernabben (B, gleiche Entfernung) an der
Ostküste erreichen. Aus der Erfahrung der Anfahrt heraus tasteten wir uns am
nächsten Morgen ab 8.00 Uhr langsam im gegen die Sonne schlecht
unterscheidbaren rot /grünen Stangenwald vor. So viele enge Stellen, sichtbare
und weniger sichtbare Steine um uns herum forderten vollste Konzentration. Wie
sehnten wir die offene See herbei…als wir sie dann endlich erreichten, war die
Enttäuschung groß. Kabbelige See mit Meterwellen und (mal wieder) Südwind
ließen die KETO tanzen und bocken, minimierte die Geschwindigkeit auf etwas
über 3,5 Knoten und schredderte damit sowohl Plan A als auch B! Plan C musste
her und zum Glück ergab er sich nach einem Blick auf die Karte schnell:
Abkürzung des Etappenabschnitts, Öland ade, Mönsteras hieß das neue Ziel.
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Schärenidylle |
Nach ca. 5sm Anfahrt erreichten wir, kurz vor Beginn des Regens, ein tristes
Hafenbecken. Aber auch wenn es wenig einladend erschien, bot es für den
angesagten 2-tägigen Sturm tatsächlich einen guten Schutz. Etwas irritiert
waren wir allerdings über die große Anzahl Migranten aller Altersgruppen im
Hafen. Es hinterlässt irgendwie ein komisches Gefühl, auf dem Weg zur Toilette
durch ganze Gruppen junger Männer hindurch laufen zu müssen. Es sah für uns so
aus, als wurden Räume des Servicegebäudes zeitweise als Moschee genutzt. Erst
gegen 22.00 Uhr kehrte Ruhe ein. Am nächsten Morgen sah die Welt schon viel
freundlicher aus. Nach einem späten Frühstück kamen wir nicht so richtig in
Tritt, da uns ständig vorbeilaufende Passanten auf Deutsch in durchaus
informative Gespräche verwickelten. Ein 83-jähriger schwedischer Segler gab uns
dann den Tipp des Tages: ein Cafe mit Mittagsangebot in der Stadt könne er
wirklich empfehlen… viel Lust zum Kochen verspürte ich nicht und so aßen wir
für umgerechnet 9,50€ vom Buffet Köstlichkeiten en gros, z.B. die leckerste
Fischsuppe meines Lebens, Nussbrot, Quinoasalat… Später lernten wir den letzten
Handelssegler Schwedens kennen, der wie wir wegen des Wetters festlag. Acht Tonnen
Kartoffeln und Zwiebeln bringt er aus Öland bei einer Fahrt mit seinem 90 Jahre
alten Holzsegler in die umliegenden Häfen der Gegend und verkauft sie direkt
von Bord an Endkunden. Seine Einnahmen würden die Kosten des Erhalts des Bootes
decken und er sei zufrieden. Er versetzte uns wirklich in Erstaunen, denn bei
einer Besichtigung wurde klar, wie wenig komfortabel und arbeitsintensiv sein Leben
war und wie zufrieden er trotzdem dabei wirkte. …
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Mönsteras- hinter uns liegt der Handelssegler |
Auch wenn ich an diesem Abend jedes, aber auch wirklich
jedes Romméspiel gegen Carsten verlor,
konnte dies den tollen Tag nicht mehr vermiesen…
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